Simon Höfele im Interview

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« Musik ist immer ein grosses Gemeinsames. »

Der 24-jährige Simon Höfele ist einer der spannendsten Trompeter der jungen Generation. Er ist aktueller BBC Radio 3 New Generation Artist, seit der Spielzeit 2018/2019 Künstler in der Reihe „Junge Wilde“ des KONZERTHAUS DORTMUND, SWR2 New Talent und Preisträger des Sonderpreises „U21“ des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD sowie des Deutschen Musikwettbewerbs 2016 u.a. Simon Höfele engagiert sich neben seinen musikalischen Projekten auch kulturpolitisch und gründete den Verein „Kunstverlust“, für den er als Fotograf Menschen porträtiert, die sich aktiv für Kunst und gegen deren Zerstörung einsetzen.

Classicpoint.net: Was ist das Besondere an einer Trompete?
Das Besondere für mich an der Trompete sind die großen dynamischen Möglichkeiten, die dieses Instrument mit sich bringt. Jeder kennt die Trompete als lautes Instrument, und das stimmt! Die Trompete kann definitiv wahnsinnig laut sein. Aber genauso kann sie eben auch am anderen Ende des Klangspektrums im Piano und Pianissimo klingen, wenn man es denn wirklich möchte.

Wie sind Sie zu diesem Instrument gekommen?
Mein Vater erstand, als ich gerade 5 Jahre alt war, eine kleine Dekor-Fanfare auf eBay. Eigentlich nur für die Wand gedacht, habe ich mir das „Instrument“ im kindlichen Spiel geschnappt und mich sofort in die Trompete verliebt. Damit war dann die Entscheidung für mich gefallen. Dumm nur, dass mir ausgerechnet kurz nach dieser Entscheidung meine vier Milch-Schneidezähne ausfielen. Deswegen musste ich bis zu meinem ersten Trompetenunterricht noch eine gefühlte Ewigkeit warten. Aber ich schätze, das war auch ein ganz guter Test für meine Eltern, um zu sehen, ob ich es denn auch wirklich ernst meine mit dem Wunsch, Trompete spielen zu wollen ;-)

Sie sind auch interessiert an zeitgenössischer Musik und führen neue Werke auf. Von welchem aktuellen Komponisten wünschen Sie sich neue Literatur für die Trompete?
Oh, da gibt es sooo viele! Und genau das finde ich so wunderbar erfüllend an der zeitgenössischen Musik. Es ist eine derart große Diversität in dieser Epoche, wie man sie nirgends anders findet! Jedes Mal, wenn ich ein neues Werk einstudiere, merke ich, wie facettenreich und bunt die Musik von heute ist. Das ist für mich ein Zeichen dafür, dass Musik wirklich über allem steht und jeden Menschen, egal wo, und so verschieden die Musik auch sein mag, verbindet!

Sie interessieren sich auch stark für Fotografie. Was fasziniert Sie und mit welchen Themen und Bereichen beschäftigen Sie sich?
Fotografie ist für mich sehr wichtig. Sie ist für mich wie ein Ruhepol oder eine Art Oase, in der ich wieder Kraft tanken kann und mich mit neuem Elan voll auf die Musik konzentrieren kann. Natürlich ist sie auch mehr als das, allerdings bin ich zur Zeit so sehr beschäftigt mit der Musik, dass manchmal leider das Fotografieren etwas zu kurz kommt. Aber man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Am meisten interessiert mich an der Fotografie der analoge Bereich. Ich besitze viele verschiedene Kameras, die teilweise von 1956 sind. Ich besitze auch eine Dunkelkammer und Fotochemie, um Filme selbst zu entwickeln. Die analoge Fotografie begeistert mich besonders, weil sie sich auf das Wesentliche konzentriert. Es steht möglichst nichts zwischen dem Objekt und Dir selbst. Keine 1000 Versuche bis das Bild endlich sitzt, nicht ständig auf dem Bildschirm der Kamera die vorhergegangenen Fotos checken, keine leeren Akkus, kein Autofokus etc. Natürlich verpasst man hier und da mal das eine oder andere tolle Foto, aber der Rest der Bilder hat einfach mehr Seele und ist authentischer.

Sie haben den Verein «Kunstverlust» gegründet. Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Kunstverlust e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, den mein guter Freund und Mitbewohner Florian Wetzel und ich gegründet haben. Erst kam mir die Idee, eine Portraitserie zu machen, bei der die fotografierten Personen vor einer schwarzen Leinwand mit Licht von oben stehen. Eine Art Portrait, bei der die Gesichtszüge besonders gut hervortreten, sozusagen Charakterportraits. Dazu kommt ein Statement der Person, was Kunst für sie bedeutet. Es sollte ein buntes Statement als Kontrast zum schwarz-weißen, meist recht ernsten, Foto geben! Das war die erste Idee, bis jetzt haben wir mehrere hundert Personen fotografiert, darunter verschiedenste Persönlichkeiten wie z.B. die ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und Wolfgang Thierse, den Pop-Sänger Clueso, aber auch Studenten von unserer Musikhochschule. Einfach jeder, dem das Thema Kulturpolitische Sparmaßnahmen wichtig ist. Mittlerweile sind wir gewachsen, denken größer und suchen für größere Projekte Sponsoren. Wer uns also unterstützen möchte, darf gerne Mitglied bei uns werden, das Formular gibt es bei uns auf der Website kunstverlust.de

Was bedeutet für Sie Kunst?
Kunst ist für mich das Gefühl, Freiheit jedes Mal aufs Neue zu entdecken und sie mit anderen zu teilen.

Wie definieren Sie für sich Musik?
Bei der Musik sehe ich es ganz ähnlich. Musik muss ein Gefühl vermitteln, nicht nur schöne Melodien. Sie muss etwas zu sagen haben, dann ist es ganz egal, was für eine Musik es ist, E oder U, Barock oder zeitgenössisch.

Sie sind noch sehr jung, wie sehen Ihre Zukunftsvisionen aus?
Ich gehe das möglichst ruhig und entspannt an. Ich möchte nichts erzwingen. Trotzdem habe ich tausende Ideen, die mir im Kopf herumschwirren. Ich bin offen für Vieles und gehe guter Dinge in die Zukunft. Ich darf Musik machen und damit mein Lebensunterhalt verdienen. Das ist schon ein wahnsinnig tolles Privileg.

Was stört Sie am meisten am Musikerberuf?
Nicht viel. Musiker sind zumeist weltoffene und tolle Menschen. Wenn mich etwas stört, dann vielleicht die unbewusste Förderung von egozentrischen Zügen bei manchen Personen in diesem Bereich. Sobald man mit so jemandem zusammen Musik machen „muss“, wird es meist sehr schwer und das worum es geht, nämlich die Musik, gerät in den Hintergrund. Spaß macht das dann gar nicht mehr… Musik ist immer ein großes Gemeinsames. Der einzelne Interpret ist wichtig, aber niemals wichtiger als die Musik selbst!


Interview von Florian Schär | Classicpoint.net | 3.9.2018

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